Die Bedeutung epigraphischer Zeugnisse für die Exegese des Neuen Testaments ist seit den Arbeiten von Adolf Deissmann zwar bekannt, wurde aber immer wieder in den Hintergrund gerückt. Für die Lebenswelt der Christusgläubigen im 1. Jahrhundert als auch für die Versprachlichung ihrer Religiosität waren allerdings auch inschriftliche Texte von großer Bedeutung. So ist die Exegese für jeden Hinweis auf Sozial- oder Mentalitätsgeschichte jener Gruppen, die zuerst als Träger des christlichen Glaubens auftraten, auf die Hilfe nichtliterarischer Quellen in besonderem Maße angewiesen. Inschriften sind daher zur Erhellung von Entstehung und Rezeption des Neuen Testaments unerlässliche Quellen, die bisher nur unzureichend für die neutestamentliche Exegese ausgewertet wurden. So ist das Studium von Inschriften ein wichtiger Teil neutestamentlicher Forschung geworden, da Judentum wie Christentum zunehmend in den Kontext der mediterranen Kulturen gestellt und nicht mehr als einzigartige Phänomene empfunden wurden.
Um auf diesem begonnenen Weg weitere Fortschritte zu erreichen und die große Bedeutung von Inschriften und Graffiti für das Verständnis des Neuen Testaments verstärkt ins Bewusstsein zu rufen, soll im Februar 2014 eine Tagung in Wien stattfinden, die von Thomas Corsten (Universität Wien), Markus Öhler (Universität Wien) und Joseph Verheyden (Katholieke Universiteit Leuven veranstaltet wird. Die Tagung wird namhafte Experti*nnen aus dem Bereich der neutestamentlichen Exegese und der Epigraphik zusammenführen, sowohl aus Europa wie aus Nordamerika.