Die Analyse antiker Goldmünzen durch mobile Laserablation und ICP-MS: Eine Untersuchung zu den Kosōn-Stateren aus Siebenbürgen
ÖAW (Dr. Anton Oelzelt-Newin’sche Stiftung)
Laufzeit: 2021-2022
Projektleitung: Fritz MITTHOF, Ernst PERNICKA
Mitarbeiter: Moritz NUMRICH
1. Zielsetzung
Das Projekt zielt auf die Metallzusammensetzung des sogenannten Kosōn-Staters, einer antiken Goldmünze, die der europäischen Gelehrtenwelt bereits seit 500 Jahren bekannt ist (erste Erwähnung bei Erasmus von Rotterdam). Trotz intensiver Bemühungen gibt der Münztyp der Forschung noch immer Rätsel auf. Selbst elementare Fragen wie die nach Prägeherr und -ort sind ungeklärt. Ein solcher Befund ist im Fall einer Münze, die seit Jahrhunderten in größeren Quantitäten bezeugt ist, völlig singulär. Die einzige Chance auf einen Durchbruch in der historischen Kontextualisierung dieser enigmatischen Objektkategorie bietet die minimalinvasive Spurenelementanalyse zur Materialklassifikation und ggf. zur Bestimmung der Herkunft des Goldes (Ehser et al. 2011; Pernicka 2014). Im Rahmen dieses Projektes sollen diese Untersuchungen mit der innovativen mobilen Laserablationsmethode gekoppelt mit Massenspektrometrie mit Plasmaanregung (pLA-ICP-MS) erfolgen.
2. Forschungsstand und Fragestellung
Der Kosōn-Stater (AV; ca. 8,5 g; 17–20 mm) zeigt auf der Vorderseite einen Konsul, der in Begleitung zweier Liktoren nach links schreitet sowie die griechische Legende KOΣΩN und, auf der Rückseite, einen Adler. Bei etwa zwei Dritteln der bekannten Exemplare ist ein Monogramm zu sehen, das in zwei Formen vorkommt. Daneben existieren Kosōn-Typen in Silber, die teilweise aus denselben Stempeln wie der Stater geprägt sind.
Traditionell werden die Kosōn-Münzen mit den Ereignissen des römischen Bürgerkrieges im Gefolge der Ermordung Caesars (44 v. Chr.) verbunden und als Prägung im Auftrag des Brutus für einen verbündeten dakischen König namens Kosōn gedeutet. Dieser Ansatz ist allerdings problematisch (Mitthof 2017); der jüngste Beitrag zur Thematik (Strobel 2019, 195–202) entwickelt eine neue Chronologie und Kontextualisierung. Aufgabe des vorliegenden Projekts ist es, diese Ansätze sowie einen möglicherweise bestehenden Produktionszusammenhang mit den im selben archäologischen Kontext gefundenen posthumen Lysimachos-Stateren (zu diesen zuletzt Mitthof 2020) durch naturwissenschaftliche Analysen zu überprüfen, zu präzisieren und ggf. weiterzuentwickeln.
Die bisherigen analytischen Untersuchungen von Kosōn-Münzen stützen sich auf das Röntgenfluoreszenz-Verfahren (XRF; zuletzt Constantinescu et al. 2017), das zwar eine Ermittlung des Feingehaltes erlaubt, dessen Aussagekraft aber für die hier genannten Fragen teils gering, teils problematisch ist. Daneben existieren Studien an einzelnen Münzen mit der Protonenaktivierungsanalyse (PAA).
3. Methode
Die systematische Analyse von Spurenelementen in archäologischen Goldartefakten begann mit Hartmann 1970; 1982. Enorme Fortschritte in der Analysetechnik ermöglichen es heute, ein viel größeres Spektrum an Spurenelementen mit wesentlich höherer Nachweisempfindlichkeit zu analysieren. Die Methode der Wahl ist seit etwa drei Jahrzehnten die Massenspektrometrie mit Plasmaanregung (ICP-MS). Später ermöglichte die Koppelung mit Lasern eine nahezu zerstörungsfreie Analyse (z.B. Russo et al. 2002). Diese kombinierte Methode stellt in der antiken Numismatik inzwischen ein standardmäßig angewendetes Untersuchungsverfahren dar (z.B. Blet-Lemarquand et al. 2015). Ein wesentlicher Nachteil dabei ist aber die Notwendigkeit, das Objekt entweder ins Labor zu bringen oder eine (sehr) kleine Probe zu entnehmen.
Weil dies oft nicht möglich ist, wurde im Rahmen eines ÖAW Projektes (Innovationsfonds) eine mobile Laseranlage zur Beprobung von Goldobjekten entwickelt. Diese innovative Methode erlaubt erstmals eine minimalinvasive, d.h. mit freiem Auge nicht sichtbare Probenahme am Standort des Objektes und eine anschließende Analyse des gesammelten Materials sowie internationalen Referenzmaterialien zur Vergleichbarkeit im Labor mit ICP-MS (Numrich et al. 2019). Dies stellt eine wesentliche Weiterentwicklung zu anderen mobilen Methoden wie der XRF dar. Die Anwendung dieser Methode lässt somit wesentliche neue Erkenntnisse über die angeführten Münztypen erwarten.
Literatur:
Blet-Lemarquand et al. 2015
Blet-Lemarquand, M. / Suspène, A. / Amandry, M., Augustus’ gold coinage: investigating mints and provenance through trace element concentrations, in: Hauptmann, A. / Modarressi-Tehrani, D., Archaeometallurgy in Europe III, Proceedings of the 3rd International Conference 2011, Der Anschnitt, Beiheft 26 (2015), 107–113.
Constantinescu et al. 2017
Constantinescu, B. / Oberlaender-Târnoveanu, E. / Cristea-Stan, D., Information on silver and gold Dacian Koson type coins based on alloys composition, analyzed by X-Ray Fluorescence, and their possible emissions chronology, in: Caccamo Caltabiano, M. (ed.), XV International Numismatic Congress Taormina 2015. Proceedings. Vol. I, Roma / Messina 2017, 481–485.
Ehser et al. 2011
Ehser, A. / Borg, G. / Pernicka, E., Provenance of the gold of the Early Bronze Age Nebra Sky Disk, central Germany: geochemical characterization of natural gold from Cornwall, European Journal of Mineralogy 23(6) (2011), 895-910.
Hartmann 1970, 1982
Hartmann, A., Prähistorische Goldfunde aus Europa. Studien zu den Anfängen der Metallurgie (SAM), Band 3 und 5. Berlin 1970; 1982.
Mitthof 2017
Mitthof, F., Vexatissimi nummi. 500 Jahre numismatische Forschung zu den Koson- Münzen, Acta Musei Napocensis 54/I (2017), 105–167.
Mitthof 2020 (im Druck)
Mitthof, F., Goldstatere der bosporanischen Herrscher Pharnakes II. und Asandros in Vergesellschaftung mit solchen vom Lysimachos-Typ. Die Analyse eines siebenbürgischen Schatzfundes durch Abbé Eder aus dem Jahr 1803, in: Woytek, Bernhard / Williams, Daniela (eds.), Ars Critica Numaria. Joseph Eckhel (1737 – 1799) and the Development of Numismatic Method. Wien 2020 (im Druck).
Numrich et al. 2019
Numrich, M. / Pernicka, E. / Jung, R. / Schwall, Ch. / Huber, J. / Horejs, B., Untersuchungen zur Herkunft des mykenischen Goldes mittels mobiler Laserablation und ICP-Massenspektrometrie, Metalla Sonderheft 9 (2019), 230–233.
Pernicka 2014
Pernicka, E., Possibilities and limitations of provenance studies of ancient silver and gold, in: Meller, H. / Risch, R. / Pernicka, E. (edd.), Metalle der Macht – Frühes Gold und Silber. 6. Mitteldeutscher Archäologentag vom 17. bis 19. Oktober 2013 in Halle (Saale) / Metals of Power – Early Gold and Silver. 6th Archaeological Conference of Central Germany, October 17–19, 2013 in Halle (Saale), Tagungen des Landesmuseums für Vorgeschichte Halle 11/II. Halle (Saale) 2014, 153–164.
Russo et al. 2002
Russo, R. E. / Mao, X. / Liu, H. / Gonzalez, J. / Mao, S. S., Laser ablation in analytical chemistry – a review, Talanta 57 (2002), 425–451.
Strobel 2019
Strobel, K., Südosteuropa in der Zeit von Republik und Prinzipat: Vorgeschichte, Etablierung und Konsolidierung römischer Herrschaft, in: Mitthof, F. / Schreiner, P. / Schmitt, O. J. (eds.), Handbuch zur Geschichte Südosteuropas, Band 1: Herrschaft und Politik in Südosteuropa von der römischen Antike bis 1300, 1. Teilband, Berlin / Boston 2019, 131–324.